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Aspekte des Geistes in der Chinesischen Medizin - die Wanderseele HUN

Marzena Stana • 2. Dezember 2024


Die Aspekte des Geistes

in der Chinesischen Medizin.


Die Wanderseele Hun - die Seele im Element Holz

- von Marzena Stana, 01. Dezember 2024.


Die Chinesische Medizin bietet eine sehr interessante Sichtweise auf das menschliche Innenleben, auf die Psyche, auf den menschlichen Geist, mit all seinen Stärken und Schwächen, Färbungen und Schattierungen, Zusammenhängen und Unabhängigkeiten. Geist und Psyche in der westlichen wissenschaftlich geprägten Kultur sind – trotz unzähliger Versuche dieses Mysterium zu definieren – ziemlich unscharfe Begriffe geblieben.


In den 80er und 90er Jahren, während meines Studiums von mathematisch geprägten Geisteswissenschaften - wie Wissensbasierte Systeme, Künstliche Intelligenz, Geschichte der Informatik, Erkenntnistheorien in der Philosophie - konnte ich die fast-verzweifelten, aber unerbittlichen Versuche – verwurzelt in den vergangenen Jahrhunderten von der Antike über Descartes, Leibnitz bis in die Neuzeit – mitverfolgen, zu definieren, was der Geist eigentlich ist, und wie die Seele erfasst werden kann. Auch wenn die Prägung der Ansichten durch Religionen im Laufe der Zeit nach und nach immer mehr von der wissenschaftlichen Sichtweise verdrängt wurde – können die Menschen bis heute nicht „klar“ sagen, was der Geist, was die Seele ist. „Alles eine Frage der Definition“. Sie/wir spüren es – können aber nicht scharf in Worte fassen. Durch Meditation, Reflexion und ähnliche Praktiken, durch dialektischen Austausch wird versucht, die Seele ein wenig von dem Geist durch den stärkeren Bezug zum spirituellen Leben/Religion abzugrenzen. Der Geist dagegen wird sehr deskriptiv – durch Beobachtung – in der Psychologie untersucht, in Statistiken analysiert, durch die KI verstoffwechselt. Man bemüht sich, den Zugang dadurch zu dem zu bekommen, was an sich nicht zu greifen ist – und trotzdem da, weil jede und jeder, der/die sich darum bemüht – sich davon ein Bild machen kann: an sich selbst.


Im Folgenden versuche ich einige ausgewählten Aspekte zu diesen Themen aus der Sicht der Chinesischen Medizin ein wenig dem/der interessierten Leser*in näher zu bringen.

Die unten aufgelisteten Ideen und Konzepte sind in den Grundlagenwerke und in der allgemein bekannten Literatur über Chinesische Medizin (s.u.) zu finden. Bei einigen Aspekten habe ich mir erlaubt, meine Gedanken dazu darunter zu schreiben, ohne den Anspruch, über diese urteilen zu wollen.


Besonders in der Theorie ausgebaut sind die drei Aspekte der Hun-Seele, die dem Holz-Element zugeordnet ist und die sieben Aspekte der Po-Seele, die im Metall-Element angesiedelt ist. Dieser Artikel wird sich mit der Wanderseele HUN in erster Linie widmen - die Ausführungen zu der Körperseele Po folgen später.


Zuerst folgt eine kurze Übersicht der seelischen Aspekte, die in allen Fünf Elementen der Chinesischen Medizin zu finden sind.

Der Geist Shen


Der Geist wird in der Chinesischen Medizin als Shen bezeichnet und ist als „die feinste und immateriellste Art“ von Qi zu verstehen ([1]). Das Qi, am häufigsten als „Lebensenergie“ übersetzt, ist das zentrale Begriff der Chinesischen Medizin. Es ist das im Körperinneren wohnende Potenzial zum Wachstum in jeder Hinsicht: physiologisch und pathologisch. Physiologisch, d.h. zur Gesundheit zählend und angestrebt. Pathologisch: leider auch möglich und durchaus im Körper vorhanden, durch Schwäche der Materie oder des darin innewohnenden Geistes (Shen, bedingt durch Qi und Jing).


Sehr wichtig für die Qigong- und Akupunktur-Praxis sind die sog. „drei Schätze“: Shen, Qi und Jing, die in der ständig notwendigen Lebenspflege zu kultivieren sind. Das Jing ist das materiellste von den dreien: die Essenz, also der Stoff, der die Entfaltung unseres Potentials ermöglicht. Das Jing-Erbe (unsere Erb-Substanz) kann im Laufe des Lebens durch Nahrung und Lebensführung (= Qi-Entfaltung) angereichert werden. Der Zustand der Organe (und jedes anderen Gewebes rund um die Organe) bestimmt, wie gut das Jing weiterwachsen bzw. sich entfalten oder wandeln kann. Es bestimmt, wie gut die Aufnahme der Energie die Funktion der Organe und des Gewebes unterstützen kann. Auf der Basis der lebendigen Materie (Jing) kann sich also das Qi, verstanden als die gelebte Funktion, entfalten – und zwar in der Art und Weise, welche Grundlagen-Substanz gerade der Träger ist (ist das die Leber, der Pankreas, das Herz, die Nieren - usw.). Das Qi kann hier als die bewegte Manifestation der eigentlichen Bestimmung der Träger-Substanz verstanden werden. Der hier oben genannte Aspekt der Lebendigkeit ist nur – und ausschließlich – durch den innewohnenden Geist Shen möglich. Der Shen könnte als der Hauch Gottes in der Materie angesehen werden. [MST]


So gesehen kann der Shen durch keine Art Künstlichkeit – ob die intelligent genannt wird oder nicht – ersetzt werden. Die KI kann nur als ein nützliches Werkzeug angesehen werden. Auch dann, wenn sie als Mensch gekleidet wird, zum Täuschen ähnlich, wird Sie nie in der Lage sein, ein echter Mensch zu sein. Es ist nur ein Werkzeug, das keine echten Gefühle entfalten kann – das dürfen wir nie als Menschen vergessen. Einer KI ist es völlig egal, was passiert. Eine KI fühlt keinen Schmerz. Sie kann – im Grunde - nur Entscheidungen treffen: ja oder nein. Eine KI kann sich nicht über etwas freuen (anders als durch eine reine Maske der Äußerung), sie kann nicht leiden, sie kann nicht lieben (sie kann auch nicht hassen – was doch vielleicht als Vorteil angesehen werden kann). Es ist ihr alles im Grunde egal. Sie kann nur nachahmen, was der Programmiercode ihr „befiehlt" – sei die Ausführung dessen im künstlichem oder sogar im lebendigen (z.B. pflanzlichem) Gewebe. So gesehen hat eine KI keinen eigenen Willen, sondern nur den einprogrammierten. Auch dann nicht, wenn Sie auf eine Materie eingepflanzt wird, die an sich als lebendig gilt - dann wäre sie nur eine künstliche Ergänzung der lebendigen Materie. Möglicherweise durchaus nützlich – für bestimmte Zwecke. Ob diese Zwecke dann gut oder schlecht sind – das kann die "selbst" gar nicht bewerten (anders als nur durch ein „Durchjagen“ durch einen ja/nein-Algorithmus-Baum). Für eine KI ist „gut“ gleich „zielführend“ - niemals „mitfühlend“ und niemals aus diesem Gefühl des Mitgefühls heraus handelnd.  [MST]

Shen in den Wandlungsphasen der Chinesischen Medizin


Der Geist Shen wird in seinen vielfältigen Aspekten den Elementen (Wandlungsphasen jedes lebendigen Prozesses/Organismus) zugeordnet:

  • dem Element Holz wird die ätherische Wanderseele Hun (oft als „Seele“ übersetzt, eventuell deshalb, weil diesem Teil des Geistes zugeschrieben wird, dass der nicht stirbt, sondern sich mit dem Tod vom Körper löst und mit dem Kosmos - oder Gott - verbindet).
    Weitere Ausführung zu diesem Anteil des Shen – ist der Hauptteil des Artikels. (s.u.)
  • Dem Element Metall wird die Körperseele Po zugeordnet. Dieser Teil des Geistes stirbt mit dem Tod, im Gegensatz zur Wanderseele Hun. Das Yin-Organ als Sitz dieses Geistesanteils ist die Lunge, mit der führenden Emotion: Trauer. Die Körperseele Po repräsentiert die psychischen, emotionalen Kräfte im Menschen, die sehr körpergebunden sind.
    Die Körperseele Po ist mit 7 Emotionen verbunden, die wiederum mit den Körperöffnungen zu tun haben – und somit als Sinnesöffnungen unsere Bindung an die äußere Welt repräsentieren.
  • Dem Element Wasser wird die Willenskraft Zhi zugeordnet. Das Yin-Organ als Sitz dieses Geistesanteils ist die Niere (mit der führenden Emotion: Angst).
  • Dem Element Erde wird der Intellekt Yi zugeordnet. Das Yin-Organ als Sitz dieses Geistesanteils ist die Milz/Pankreas (mit der führenden Emotion: Sorge/Denken).
  • Dem Element Feuer wird der Geist Shen im Ganzen zugeordnet. Das Herz wird als Sitz des Geistes angesehen. Der Geist ist im Blut verankert, zu jeder Zelle durch die Blut-Gefäße getragen, und somit im ganzen Körper angesiedelt.


Der Holz-Anteil des Shen - die Wanderseele Hun


Im unteren möchte ich mit einigen Gedanken über die „Entsprechungen“ des Holzes in der Chinesischen Medizin das Wesen der Wanderseele Hun dem/der Leser*in näherbringen.


  • Das Yin-Organ des Holzes ist die Leber (Le). Yin-Organe sind grundsätzlich mehr substantiell in der Chinesischen Medizin. Somit wird die Leber als der Sitz der Wanderseele Hun gesehen.

 

  • Die Gallenblase (Gbl) ist der Yang-Organ des Holzes. Yang-Organe sind in der Regel kanalförmig, leitend, weiterführend – also richtunggebend und mitbestimmend, was die Kraft betrifft. Somit formt die Gallenblase als Yang-Aspekt der Leber, die Erscheinung und Ausführung der Hun-Energie.


  • Zum Yin und Yang kann im Allgemeinen, am Beispiel der Leber und Gallenblase, folgendes gesagt werden:
    Das Yang (leitende, warme Energie) ist im Yin (Substanz) angesiedelt. Es hängt von dem Yin ab und entfaltet die Bewegung. Es gibt den Impuls im Yin/Gewebe. Die Substanz in ihrer Beschaffenheit hat in ihrem Potential, sich zu entfalten auch was „Yangiges“, obwohl es noch nicht das wahre Yang an sich ist. Es ist eben erst mal das Potential, aus dem das Yang – also: in gewissem Sinne: die Bewegung – entstehen kann. Das wahre Yang wäre somit die wahre, eigentliche Bewegung.
    Als Beispiel können wir uns ein Hormon (oder ein Baustoff dafür) vorstellen, das in der Leber produziert wird. Das „Produzieren“ ist eine „yangige“ Tätigkeit des Yin-Organs Leber. Erst wenn das Hormon entsteht und seine Wirkung entfaltet wird – ist diese Wirkung die Yang-Kraft.
    Dies soll verdeutlichen, wie stark Yin und Yang voneinander abhängig sind – und wie sie sich gegenseitig bestimmen. Ohne Yin – kein Yang. Ohne Yang – kein Yin. Es gibt immer mal mehr mal weniger Substanz – oder immer mal mehr mal weniger Aktivität im Gewebe.
    Es hat sich "eingebürgert", das Yin mit „weiblich“ und das Yang mit „männlich“ zu assoziieren. Yin und Yang sind eigentlich nur Energie-Erscheinungsformen – und haben so gesehen nichts mit dem Geschlecht zu tun. Was nicht verneint, dass die Geschlechter in gewissem Sinne nur Entsprechungen dieser beiden Energien sind. Ein Mann kann als „mehr Yang“ und eine Frau als „mehr Yin“ angesehen werden. Ein Mensch – ob Mann oder Frau – hat beide Aspekte: Yin und Yang in sich. Nur dann, wenn sich diese gegenseitig respektieren (= balancieren) und sich nicht bekämpfen – kann Gesundheit gedeihen. Eine Balance in Bezug auf den Körper, dem diese beiden Kräfte innewohnen.
    Alle Formen von Gewaltanwendung und Unterdrückung (z.B.: Mann gegen Frau, Russland gegen Ukraine) – ist naturwidrig und führt in Folge zur Vernichtung beider Seiten – sowie u.U. auch des Umfeldes in dem beide „Konflikt-Seiten" leben).


  • Die führende physiologische Emotion der Leber ist die Harmonie in Bewegung/Aktivität. Das harmonische Fließen-Lassen, das Kreativ-Werden beim Bewältigen der Probleme, das Suchen nach konstruktiven Lösungen, die Liebe, konstruktive Lösungen zu finden und der Drang dazu, dieses immer zu wiederholen – zeichnet die Energie der Leber aus, wenn die sich gut fühlt, also gesund ist. Resultat eines solches Zustandes ist positives Handeln in Energie, die sich sowohl für den/die Träger*in als auch für die Umwelt gut anfühlt. Diese Energie motiviert und macht glücklich. Es ist eine konstruktive Kraft, die das Leben – in Glück, Liebe, Akzeptanz, Optimismus – möglich macht.


  • Die führende pathologische Emotion der Leber ist die Wut.
    Es ist eine im Grunde destruktive Energie, die dazu führt, dass es sowohl dem/der Träger*in als auch der Umwelt nicht gut geht. Die Wut schadet der Leber – im psychischen und auch physiologischen Sinne: es entsteht Hitze (in den Organen Le/Gbl) – die physiologischen Strukturen der Holz-Organe können Ihre Aufgaben dann nicht oder nicht gut erfüllen.
    Zu beachten wäre hier, dass die Trauer diese Emotion (des Element METALL) ist, die die Wut überwindet. Ist es für Sie nachvollziehbar, wie und warum die Trauer die Wut überwinden kann?

    Manchmal – könnten wir polemisieren – kann die Wut etwas Positives sein: es könnte wie ein „Ventil“ sein – also etwas, was verhindert, dass sich negative Energie im Inneren sammelt und den Körper von Innen belastet/schädigt. Durch die-Wut-Loslassen (z.B. durch das Boxen gegen harte Kissen), laut Schreien (im menschenleeren Raum) – kann etwas schwinden, was das Innere bedrückt. Es kann als positiv angesehen werden, wenn es nicht bestimmte Grenzen überschreitet (z.B. die Länge der Zeit) und niemand dabei zu schaden kommt. Wenn das letzte passiert – dann ist es – in jedem Falle - eine zerstörerische, pathogene Wirkung – nicht nur für die Umwelt aber auch, oder vielleicht noch mehr, für die/den Träger*in. Auf jeden Fall auf der Shen-Ebene. 


  • Die seelischen Leber-Pathologien werden – neben der o.g. Wut - durch Zorn und Frustrationen verursacht. Zu den ersten Anzeichen im Verhalten der Menschen zählt hier die Reizbarkeit. Wenn die Leber außer Kontrolle gerät – entsteht das, was Menschen als „Böse“ bezeichnen: böse, unmenschliche Absichten in Bezug auf andere Mitmenschen.
    Daher ist es so essenziell durch Übungen - sei es
    Meditation, Qigong, Taiji und andere ähnliche Künste - zur Ruhe kommen zu können und so die eigene innere Kraft zu stärken und zu kultivieren, um dem negativen Potential in sich selbst vorzubeugen. Das Stärken der Leberkraft – auch durch entsprechende Ernährung und Lebensführung (z.B. durch Planung, die die Frustration vermeidet) – führt dazu, dass sich der Mensch wohl fühlen kann, zumindest aus eigener innerer Kraft.


  • Weitere wichtige Charakteristika des Funktionskreises Holz sind: Kreativität, Bewegung, Güte (die Tugend der Leber ist die „Menschlichkeit“), Impulsgebung, etwas in Angriff nehmen (damit: sowohl im positiven als auch im negativen verbunden: Kampflust/Kampfwille, Aggression), Liebe für den freien Lebensraum, sanftes Fließen, Flexibilität. 


  • „Eine gesunde Leber ist stark und flexibel wie ein Bambus“. Der Bambus ist eine Pflanze, die sich nicht leicht brechen lässt. Das Ziel der Leber/des Holzes ist es, den gesunden Wachstum - oder Fortschritt - zu ermöglichen. Was dabei „gesund“ ist, weiß die Leber schon, wenn sie „in sich hineinblickt“, also: reflektiert (auf der seelischen Ebene). Meditation tut der Leber sehr gut - dabei entspannt sich der Geist und das „projizierte Denken“ (Vorstellungen, die nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern reine Projektionen sind) zieht sich zurück – weil es muss. Das genau ermöglicht das „freie Fließen“ des Qi. Es ist Projektion-frei und damit wahr, auf der Wahrheit basierend. Diese energetischen „Mechanismen“ sind gut nachvollziehbar für zwischenmenschliche Beziehungen. Daran ist erkennbar, wie frei in den Möglichkeiten der Bewegung die Seele/der Geist ist, d.h. wie feinstofflich die Energie des Shen ist. Versuchen Sie sich vorzustellen, dieselbe Energie auf der mehr stofflichen Ebene: auf der Ebene der Produktion der Verdauungssäfte. Welcher Chaos würde da entstehen, wenn es nicht auf dem „wahren“ sondern auf irgendwelchen unklaren, falschen Vorstellungen – also auf falschen Informationen, z.B. über die Zusammensetzung des Blutes – die Arbeit der Leber basieren würde? Das würde zu pathologischen Zuständen führen – die aus falschen, unpassenden, nicht adäquaten Reaktionen auf die Wirklichkeit entstehen. Daraus würden – langfristig unter solchen Umständen – Krankheiten entstehen.
    Zum Glück ist die Leber ein sehr ausdauerndes, sich gut regenerierendes, geduldiges Organ – was vieles ertragen kann. Aber irgendwo ist bei jedem/r die Grenze erreicht.
    Wir denken hier in dem Zusammenhang daran, dass die Leber – neben ihrer stofflichen Tätigkeit – die Emotionen vordergründig verarbeitet. Damit ist sichtbar, wie wichtig es ist, ruhigen, zentrierten Geist zu bewahren. Diesen trainieren wir durch Meditation – sei es in Ruhe oder in Bewegung, wie Taiji oder Qigong.


  • Die assoziierte Naturkraft des Holzes ist der Wind. Dieser steht für Bewegung, harmonisches Fließen. Hier denken wir z.B. an das Bild der frei fließenden Wolken – und an die Übung der „Wolken-Hände“ im Taiji – wie beruhigend und harmonisierend es ist, diese Bewegung auszuführen. Je öfter ausgeführt – umso mehr prägt es sich ein und stärkt die Leber-Funktionskraft.
    Im chinesischen Schriftzeichen für die Wanderseele Hun findet sich u.a. das Zeichen, das die Wolken darstellt. 


  • Der Leber wird die Staatsfunktion des Generals zugeschrieben: als leitende Instanz, die Pläne schmiedet und die Ausführung kontrolliert. Der General spielt im Staat eine sehr wichtige Rolle: für die Verteidigung – und weitergesehen – für die Planung, für das Schmieden der Strategien, um möglichst gut zu überleben. Wenn wir die Beschreibung der Arbeit der Leber in der westlichen Medizin betrachten, die u.a. z.B. darin besteht, Verdauungssäfte in entsprechender Menge und Zusammensetzung zu produzieren bzw. abhängig von den Informationen im Blut entsprechende Baustoffe für verschiedene Hormone zu bauen, auch in Abhängigkeit von den Emotionen mit unterschiedlicher Qualität – verstehen wir diese Zuordnung der General-Rolle in der Chinesischen Medizin zu dem Organ Leber sehr gut.


  • Die Wanderseele Hun wird traditionell in drei Aspekte geteilt: das Vegetative, das Instinktive/Animalische und das Bewusste/Menschliche (s. weitere Ausführungen dazu unten im Text). 


  • Das Wesen der Wanderseele Hun wird beschrieben als „kommend und gehend“. Es wechselt (wie der Wind): mal mehr mal weniger - von etwas oder einer Tätigkeit (bzw. Lust darauf) zur nächsten. Um das auf psychischen Krankheiten beispielweise abzubilden – kann folgendes reflektiert werden: wenn die Wanderseele „zu stark geht“ - entspricht es der Manie, wenn sie „zu schwach geht“ - der Depression. Die Interpretation des Bildes überlasse ich hier der Vorstellungs-Leberkraft des/der Leser*in. Die Fähigkeit zur  Vorstellung, also: zur Abstraktion, zur Assoziation, zu Visionen zeichnet eben auch die Leberkraft aus – und damit die Kraft der Wanderseele Hun.


  • Die Wanderseele Hun überlebt den Tod (löst sich mit dem Tod vom Körper) – und kann so gesehen als der göttliche Anteil unseres Daseins verstanden werden.


Die Drei Aspekte der Wanderseele Hun


So wie die Metall-Körperseele an die Sinnesorgane gekoppelt ist, mit denen wir die unmittelbare Welt direkt wahrnehmen (dieser Anteil ist sterblich), wird in der Chinesischen Medizin die Wanderseele Hun – viel allgemeiner gefasst, in der Natur angesiedelt. Angesehen als der unsterblicher Anteil der Seele, verbindet die Ätherische Hun-Seele uns mit einer Kraft, die wir dem Göttlichen, dem Schöpferischen und Unfassbaren zuschreiben. Die 3 Hun-Anteile werden folgendermaßen in der Literatur dargestellt:


  1. Shen Hun - das Lebendige im Menschen, Tier und Pflanze. Dieser Aspekt entspricht im Grunde dem vegetativen (Nerven-)system. Im Qigong wird dieses Hun-Anteil dem unteren Dantian zugeordnet, also dem zentralen Qi-Zentrum des Körpers, wo die subtile Transformation der Energie stattfindet. Es liegt etwas unter dem Bauchnabel (auf Höhe der Akupunkturpunkte Ren5/Ren6). Es ist ein Sammelpunkt für die Aufmerksamkeit im Qigong - vor allem für den Anfang und das Ende von Übungen. Es ist somit ein Zentrum der Kraft, das wir in der Meditation mit Energie anreichern können. 
  2. Jiao hun - es ist der Teil von Hun, der nur in Menschen und Tieren zu finden ist. Es entspricht dem Gefühl (Instinkt), das Menschen und Tiere von den Pflanzen unterscheidet. Im Körper befindet sich dieses energetische Zentrum im Solarplexus - um die Punkte Ren12 bis Ren14, was dem mittlere Dantian entspricht.
  3. Ling Hun - ist der Geistesaspekt, der den Menschen von den Tieren unterscheiden soll. Ling bedeutet etwa „Magische Kraft“, die die schöpferische menschliche Potenz beschreiben soll. Es ist die bewusste und kreative Seite der menschlichen Psyche, die die Phantasie, Auffassungsgabe und Sensibilität beinhaltet. Der Sitz ist das obere Dantian - das je nach Focus: entweder um das Herz liegt - wenn es um die Liebeskraft geht - oder am Kopf, um das „Dritte Auge“ (Yin Tang) - wenn es um die (innere) Erkenntniskraft geht - oder den Scheitel (Bai Hui), wenn es um die Verbindung mit der höheren, göttlichen Kraft / dem Himmel geht.


Literatur-Quellen

[1] Maciocia, Giovanni:

-> Die Grundlagen der Chinesischen Medizin

-> Die Psyche in der Chinesischen Medizin

[2] Platsch, Hans-Dieter:

-> Die fünf Wandlungsphasen – Das Tor zur Chinesischen Medizin

-> Psychosomatik in der Chinesischen Medizin

[MST] – Marzena Stana


Abkürzungen:

[CM] – Chinesische Medizin
[Le] – Leber (Yin-Anteil des Funktionskreises/Elementes HOLZ in der CM)
[Gbl] – Gallenblase (Yang-Anteil des Funktionskreises/Elementes HOLZ in der CM)

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